Bei den Vierklangsumkehrungen habe ich geschrieben, die Umkehrungen des vollverminderten Vierklangs wären nach dem gleichen Schema zu bilden. Das ist schon richtig, aber nur bezogen auf die Notenschrift. Ein ausgeschriebener vollverminderter Akkord ist nach seinen Vorzeichen und Notennamen eindeutig zu identifizieren.
Aber wie steht's mit dem Hören des Akkordes?
Tja, da wird es etwas schwierig, denn der vollverminderte Vierklang ist nur aus kleinen Terzen geschichtet. Und das Intervall von der verminderten Septime zur Oktave ist eine übermäßige Sekunde. Diese kann man jedoch nicht hören, da es klingend eine kleine Terz ist.
Anders gesagt, schichtet man vier kleine Terzen übereinander errreicht man wieder die Oktave des Grundtons. Eine wunderbare Symmetrie, und genau dies macht den vollverminderten Akkord sehr flexibel einsetzbar.
Umdeutung des vollverminderten Akkordes
Wie schon bei den Intervallen gelernt, können Noten enharmonisch verwechselt werden (s. Verminderte und übermäßige Intervalle).
Nochmal zur Erinnerung am Beispiel der Note C:
C kann auch geschrieben werden als H# oder als Dbb, klingend der gleiche Ton.
Nun wenden wir diese Technik auf den vollverminderten Vierklang an:
Durch Umdeutung erhalten wir einen neuen Akkord, Eb°7 in der 3. Umkehrung oder Quintlage.
Nun werden wir zwei Noten enharmonisch verwechseln:
Wir erhalten einen weiteren neuen Akkord, Gb°7 in der 2. Umkehrung oder Terzlage.
Das gleiche Spiel nun mit der dritten Note:
Es ergibt sich A°7 in der 1. Umkehrung oder Oktavlage.
So, eigentlich fertig. Naja, das Spiel kann man noch weiter führen. Ich möchte hier aber nochmal hervorheben, dass dies rein auf dem Papier geschieht. Ein enharmonisch verwechselter Ton ist nicht als solcher hörbar.
Betrachten wir nun den ersten umgedeuteten vollverminderten Vierklang Eb°7 und deuten wieder alle Noten um:
Wir erhalten einen D#°7 Akkord in der 3. Umkehrung. Wieder der gleiche Akkord, aber deutlich einfacher zu lesen, da er keine Doppelvorzeichen enthält.
Und weil der Gb°7 auch so furchtbar kompliziert aussieht, werden wir ihn auch enharmonisch verwechseln:
Wir erhalten einen F#°7 Akkord in der 2. Umkehrung.
So, geschafft. Die ganz schlimmen Schreibweisen können wir wieder vergessen, nur ein Unmensch notiert sowas (grins). im Regelfall wird die einfachere Notation verwendet, soweit musikalisch sinnvoll. Ausnahmen gibt's ja bekanntlich immer.
Was ich hier mit viel Aufwand eigentlich sagen will, alle Variationen sind eigentlich der gleiche Akkord, zumindest klingend. Das solltest Du unbedingt am Instrument ausprobieren!
Ein isoliert gespielter vollverminderter Akkord läßt sich nicht eindeutig zuordnen, es gäbe immer verschiedene richtige Antworten. Man muß den Zusammenhang hören, dann läßt sich der Akkord sinnvoll betiteln, z.B. in der Akkordfolge C - C#°7 - Dm7 hat der vollverminderte Akkord die Funktion eines chromatischen Durchgangsakkordes. Kein Mensch würde hier auf die Idee kommen z.B. einen E°7 Akkord zu schreiben.
Ich geb's ja zu, es ist alles sehr theoretisch, sorry, ich hab's nicht erfunden ;-))